Sternbild Leier

Lyra star constellation

Leier: antikes Musik- und Saiteninstrument, erfunden vom griech. Gott Hermes
Lateinisch: Lyra
Englisch: Lyra
Französisch: La Lyre

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„Töne, frohe Leier, Töne Lust und Wein!
Töne, sanfte Leier, Töne Liebe drein!“

Gotthold Ephraim Lessing

So sieht das Sternbild Leier aus:

Lyra star constellation
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Das Sternbild Leier ist ein Viereck, genauer gesagt ein Parallelogramm oder Rhomboid, an dessen einer Ecke der Hauptstern Wega befestigt zu sein scheint. Wega hat das Parallelogramm im Schlepptau, könnte man sagen.

Nachfolgend siehst Du das Sternbild Leier, eingebettet in das schöne Musikinstrument Leier und den hellen Stern Wega oben rechts:

Sternbild Leier
Stellarium

Die Leier ist ein kleines Sternbild des nördlichen Sternenhimmels und zählt gleichwohl zu den markantesten Sommersternbildern. Zu den typischen Sommersternbildern zählen Adler, Schwan, Leier und Herkules. Aber auch die Sternbilder Skorpion und Schütze, die wir auch als Tierkreiszeichen kennen, sind Sommersternbilder, die auf der Milchstraße zu finden sind.

Sommersternbilder sind Sternbilder, die wir im Sommer am Nachthimmel besonders gut sehen können.

„Summer night – even the stars are whispering to each other.“

Kobayashi Issa

Der Leitstern des Sternbilds Leier ist Wega. Sie ist der 5. hellste Stern am Nachthimmel.

Wega ist einer der drei hellsten Sterne des Sommerdreiecks, das geformt wird aus Wega (Sternbild Leier), Deneb (Sternbild Schwan) und Altair oder Atair (Sternbild Adler). Schau doch mal in einer klaren Sommernacht nach oben oder Richtung Südosten, um das Sommerdreieck zu finden.

Das Sternbild Leier erinnert an das antike Musikinstrument Leier, eines der ältesten Musikinstrumente überhaupt. Die Leier ist ein Saiten- oder Zupfinstrument in U-Form. Eine Melodie entsteht durch das Zupfen der Saiten. Meist wurde eine Leier im Stehen oder Sitzen unter den linken Arm geklemmt, die Saiten wurden dann mit der rechten Hand gespielt. Mich erinnert eine Leier an eine Mini-Harfe.

Instrument Leier, Lyra
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Wenn wir den Begriff „Leier“ heute hören, kommt uns vielleicht der Leierkasten als Erstes in den Sinn. Ein Leierkasten hat mit einer Leier nichts zu tun, denn er ist eine Drehorgel und kein Saiteninstrument. Einen „Leiermann“ nannte man früher denjenigen, der den Leierkasten spielte. Für mich klingt ein Leierkasten immer so wie eine monotone Dauerschleife. Und für Dich?

Um den Ursprung der Leier zu erforschen, müssen wir weit in die Geschichte zurückreisen, ins antike Griechenland. Damals, bei den alten Griechen ….

Im griechischen Mythos finden wir Apollon, den Gott der Musik. Man sieht ihn oft mit einer Leier dargestellt, so wie hier:

Apollon Statue
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Apollon beherrschte vielerlei Instrumente, aber die Leier war ihm das liebste. Er galt als Beschützer der Künste und der 9 Musen, der griechischen Göttinnen der Künste. Es waren die Musen von Astronomie, Epik, Gesang, Geschichte, Komödie, Liebeslyrik, Lyrik, Tanz und Tragödie. Ein fröhliches Stelldichein. Die Musen waren allesamt Töchter des Gottesvaters Zeus und der Mnemosyne, Göttin der Erinnerung. Die Erinnerung als Grundlage kreativen Schaffens.

Angel or Muse
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„Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.“

Jean Paul

Der Mythos, den man sich erzählt, ist der von Hermes und der Leier. Der griechische Gott Hermes, Sohn des Zeus, soll die Leier erfunden haben. Hermes (röm. Merkur) war der junge, drahtige, gutaussehende, geflügelte und flinke Götterbote, der für seine Geschäftstüchtigkeit bekannt war. Als Bote war er Nachrichtenüberbringer, lieferte Botschaften der Götter an die Menschen und umgekehrt. Er war Gesandter und Kurier. Zu erkennen war er an den Flügelschuhen, dem geflügelten Hut und dem Flügelstab, dem Caduceus, was man eben so zum Fliegen braucht.

Mercury
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„Mit dem Fliegen warte, bis dir Flügel wachsen!“

Hermes war ein vielseitiger Gott:

  • Götterbote bzw. Bote von Zeus
  • Gott des Handels
  • Gott und Beschützer der Kaufleute
  • Gott und Beschützer der Reisenden
  • Gott des Verkehrs
  • Gott der Hirten
  • Gott der Redekunst
  • Seelengeleiter der Toten in die Unterwelt

Hermes war aber auch Gott der Diebe, äußerst gerissen, listig, pfiffig und gewieft, ein Schlitzohr oder Lausbub, würden wir heute sagen, oder „der hat es faustdick hinter den Ohren“.

Und nun zum Mythos:

Hermes und Apollon, beides Söhne des Zeus, aber mit unterschiedlicher Mutter, waren Halbbrüder. Schon von Geburt an war Hermes neugierig. Als Hermes noch ein Baby war und in einer Höhle im Berg Kyllini in der Wiege lag, büchste er aus und ging auf Erkundungsreise. Dabei stahl er seinem Halbbruder Apollon 50 prächtige Rinder aus seiner Rinderherde. Um nicht von Apollon gefunden zu werden, musste der kleine Hermes einen Plan aushecken bzw. sich eine List ersinnen. So band er den Rindern Zweige an die Schwänze, um deren Spuren zu verwischen. Auch ließ er die Rinder zeitweise rückwärtsgehen, um Apollon in die Irre zu führen.

Er versteckte die Rinder in einer Höhle und opferte zwei von ihnen zu Ehren der 12 Götter des Olymp. Unterwegs fand er einen Schildkrötenpanzer und baute daraus eine Leier. Dazu verwendete er die Hörner der geopferten Rinder und Rinderdärme als Saiten. Danach machte er sich weiter auf den Weg zurück und legte sich wieder in seine Wiege. Ganz so, als wäre nichts gewesen.

Nothing else but questions
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Als Apollon merkte, dass seine Rinderherde weg war, machte er sich auf die Suche nach dieser und dem dreisten Dieb. Als Gott des Lichts und Gott der Weissagung fiel es Apollon nicht schwer, Licht ins Dunkel zu bringen und so war der Dieb alsbald ermittelt. Er machte sich auf den Weg zur Höhle.

Für Hermes‘ Mutter Maia war es nicht vorstellbar, dass ein Baby etwas mit dem Diebstahl zu tun haben könnte, und so schleppte Apollon Hermes zu ihrem gemeinsamen Vater Zeus. Hermes stritt zunächst alles ab, gestand später aber.

Man muss wissen: Zeus hatte durchaus eine Bewunderung und Sympathie für den aufgeweckten Hermes und seine Listigkeiten.

Nachdem Hermes alles zugab, bat Zeus ihn, die Rinder Apollon zurückzugeben. Im Gegenzug dafür versprach er ihm Flügel an Helm und Sandalen und machte ihn zum Gott der Diebe. Hermes zeigte Apollon, wo er die Rinder versteckt hielt, wollte sie aber um jeden Preis behalten. Und so sann Hermes auf ein Tauschgeschäft, eine sehr merkurianische Sache, denn Handel war genau sein Ding. Da kam die Leier aus dem Schildkrötenpanzer ins Spiel.

Es war ein Leichtes, Apollon mit schöner Musik um den Verstand zu bringen, schon gar mit einem ganz neuen Instrument: der Leier. Hermes spielte ihm die Leier vor und Apollon war vom Klang ganz entzückt. Der Zorn war besänftigt und so willigte Apollon in den Tauschhandel ein. Und als Apollon selbst die Leier spielte, da klang sie so schön, dass sich Blumen und Bäume zu der Musik bewegten, so erzählt man.

Später schenkte Hermes Apollon auch eine Hirtenflöte und dieser ihm im Gegenzug dafür einen goldenen Caduceus, den Hermesstab.

Hermes war Gott für vielerlei Dinge, so auch Gott der Redekunst und des Handels, dazu gehörend der Tauschhandel. Und so findet vielleicht auch die Redewendung „jemandem etwas aus den Rippen leiern“ dort ihren Ursprung.

In jungen Jahren soll Hermes den Göttern so allerlei geklaut haben. Ob es nun der Dreizack von Poseidon war, die Zange von Hephaistos oder der Gürtel der Aphrodite. Hermes war kein Kind von Traurigkeit und zu allen Schandtaten bereit. Als Hermes von Zeus zum Götterboten ernannt wurde, musste er mit dem Lügen und Stehlen aufhören, was er tat.

„Ich wollte wie Orpheus singen
dem es einst gelang
Felsen selbst zum Weinen zu bringen
Durch seinen Gesang.“

Reinhard Mey

Orpheus galt in der griechischen Mythologie nicht nur als begnadeter Musiker, sondern auch als bester Sänger. Apollon lehrte ihn die Kunst des Leierspiels und überließ ihm auch die Leier, die er einst von Hermes erhalten hatte. Man sagte, dass Orpheus‘ zauberhafter und betörender Gesang selbst Felsen zum Weinen brachte. Ach .. wie schön … Seine Musik brach einem das Herz … vor Freude.

Orpheus spielte die Leier gar in der Unterwelt, um seine verstorbene Geliebte Eurydike aus der Unterwelt zurückzuholen. Es hätte so schön sein können … und fast hätte es auch geklappt. Wie gesagt … fast. Der Gott der Unterwelt, Hades, war von Orpheus‘ Musik so verzaubert, dass er Eurydike freigab, unter einer Bedingung: Sie dürften sich niemals umdrehen, wenn sie den Hades verließen. Im letzten Moment warf Orpheus doch noch einen Blick zurück … die Seele von Eurydike war für immer verloren. Eine Tragödie … so nennt man das heute.

„Zeig mir einen Helden und ich schreib dir eine Tragödie.“

F. Scott Fitzgerald

Orpheus kehrte alleine zurück in die Oberwelt. Irgendwann starb auch er bzw. wurde getötet und kam zurück in die Unterwelt zu seiner Geliebten. Nach dem Tod von Orpheus kam die Leier an den Himmel. So ist die Leier ein himmlisches Musikinstrument, das einzige Musikinstrument am Nordhimmel.

Übrigens: Die Leier von Hermes soll 7 Saiten gehabt haben. Die Zahl 7 gilt als heilige Zahl und als Zahl der Vollendung. Sie setzt sich zusammen aus der Zahl 3 (göttliche Vollkommenheit) und der Zahl 4 (irdische Vollkommenheit). In Verbindung mit dem Apollokult wird die Zahl 7 als göttliche Zahl verehrt.

Auf der nachfolgenden historischen Karte lässt sich das Sternbild Leier (La Lyre) in der Nähe der Milchstraße finden. Das Sternbild Schwan (Le Cygne) liegt direkt in der Milchstraße.

Lyra
Foto von The New York Public Library auf Unsplash

Und hier die Übersetzungen, Französisch/Deutsch:
La Lyre = die Leier
Le Cygne = der Schwan

Die Redewendung „Das ist die alte Leier“ ähnelt eher einer Drehorgel als einer Leier. Es ist das „alte Lied“ oder die „alte Geschichte“, die ständige, eintönige Wiederholung oder derselbe leidige Zustand. Wir sagen „es ist immer dasselbe“ und bedauern, dass es keine Veränderung, keinen Fortschritt gab.

Das Instrument sowie das Sternbild Leier lassen den griechischen Mythos erneut aufleben. Wir tauchen ein in ein Stück liebliche und verträumte Musikgeschichte.

„Ich denke nur Musik. Ich bin verliebt in die Musik – ich liebe die Musik, ich denke nichts als sie und an anderes nur, wenn es mir Musik schöner macht.“

Johannes Brahms

Und was ist mit Wega aus dem Sternbild Leier?

Sie wird uns noch lange erhalten bleiben, denn:

Aus meinem Buch Mein Weg zurück zum Ursprung ©:

Bereits vor ca. 13 000 Jahren war Wega schon einmal der Nordstern. Da stand sie dem Himmelsnordpol am nächsten. Irgendwann wird es wieder so weit sein und wer weiß, wo wir dann sein werden. Gerade jetzt, wo Sommer ist, lass Dich vom Sommerdreieck und den 3 hellsten Sternen des Sommerhimmels, Wega, Deneb und Altair, inspirieren und verzaubern.

„Kiss me under the light of a thousand stars.“

Ed Sheeran (Thinking Out Loud)

Feature Image: iStock ID 1279619950